Die Corona-Pandemie hat uns alle absolut überrascht und einen seismischen Wandel in der Definition von Arbeit erzwungen – und uns nicht zuletzt gezeigt, wie unvorbereitet wir auf diesen Wandel sind.
Nun, da sich der Staub gelegt hat, haben die Unternehmen die Zeit und den Kontext, um neue Strategien für das hybride Zeitalter zu entwickeln. Für diesen Weg ins neue, hybride Arbeiten braucht es Führungskräfte, die in der Lage sind, diesen Wandel aktiv zu begleiten und zu gestalten.
In diesem Zusammenhang wird immer wieder auch die Frage gestellt, ob es dafür neue Führungspositionen braucht, wie z.B. ein Chief Hybrid Officer oder ein Head of Hybrid Work.
1. Hybrides Arbeiten ist gekommen um zu bleiben
Wie der Gallup Engagement Index zeigt, sind aktuell ca. 30 Prozent der Angestellten bereit, ihren Job zu kündigen und den Arbeitgeber zu wechseln (siehe Grafik).
Die möglichen Auswirkungen der „Great Resignation“, wie dieser globale Trend, bei dem qualifizierte Arbeitskräfte massenhaft kündigen, genannt wird, unterstreichen die Notwendigkeit für Arbeitgeber:innen, hybride Arbeitsmodelle aktiv in Betracht zu ziehen und nachhaltig einzuführen, um bestehende Talente zu halten und neue zu gewinnen.
Denn bei hybriden Arbeitsmodellen stehen die Bedürfnisse der Arbeitnehmer:innen an vorderer Stelle, indem sie ihnen einen „Best-of-Both“-Ansatz für den Arbeitsort bieten. Das heißt, sie kombinieren die Flexibilität des Homeoffice mit dem kreativen, kollaborativen Umfeld, das das Büro bietet.
Gleichzeitig bringt hybrides Arbeiten viele Herausforderungen und Fragen mit sich, wie z.B.:
- Was ist der richtige Mix aus Homeoffice und Präsenz im Büro?
- Wie sollte das Büro zukünftig für hybrides Arbeiten ausgestattet sein?
- Wie organisieren wir die tägliche hybride Zusammenarbeit möglichst effektiv?
- Wie nehmen wir trotz (teilweisem) Homeoffice alle, insb. neue Teammitglieder, mit?
- Wie kann beim flexiblen Wechsel zwischen Büro und Homeoffice der Teamzusammenhalt stark gehalten werden?
- Wie gehe ich als Führungskraft mit der Erwartungshaltung der Mitarbeiter:innen um?
Hybrides Arbeiten bringt also viele Herausforderungen mit sich. Die wichtigsten haben wir in diesem Blogbeitrag zusammengefasst.
Gleichzeitig bietet es sowohl Arbeitgeber:innen als auch Arbeitnehmer:innen viele Vorteile. Welche das sind, haben wir bereits in den entsprechenden Blog-Artikeln „Wie Arbeitgeber:innen vom hybriden Arbeiten profitieren“ sowie „Welche Vorteile hybrides Arbeiten Arbeitnehmer:innen bringt“ beschrieben.
Um diese Vorteile effektiv zu nutzen, bedarf es allerdings einer strategischen Einführung einer hybriden Arbeitsumgebung, in der verschiedene wichtige Aspekte zu beachten sind.
2. Warum ein Chief Hybrid Officer (CHO) zukünftig wichtig wird
Eine Option, um das hybride Arbeiten koordiniert und fokussiert umzusetzen, ist das Einsetzen eines Chief Hybrid Officer (oder Head of Hybrid, oder auch Chief Hybrid Officer).
Ein Chief Hybrid (Work) Officer fungiert als Bindeglied zwischen der Belegschaft und dem Arbeitsplatz in einer hybriden Arbeitsumgebung. Ihre bzw. seine zentrale Aufgabe ist es, die Transformation der hybriden Arbeitsweise voranzutreiben und nachhaltig zu verankern.
Im Grunde stellt die bzw. der Chief Hybrid Officer dabei eine Mischung aus einer/m Büroleiter:in und einer/m Personalleiter:in dar. Gleichzeitig ist sie/er jedoch auch mit funktionsübergreifenden Kompetenzen im Bereich des Veränderungsmanagements ausgestattet.
Ein Chief Hybrid Officer ist für Ihre Organisation dann wichtig, …
a. wenn Sie den Transformationsprozess hin zu einem nachhaltig hybriden Arbeiten fokussiert und relativ zügig angehen wollen,
b. wenn Ihre Organisation relativ groß und komplex aufgestellt ist und es entsprechend viel Abstimmungsbedarf zwischen den Abteilungen bzw. Einheiten gibt,
c. wenn Sie nach einer eingehenden Analyse relativ viel Veränderungsbedarf sehen, der verschiedene Ebenen (z.B. Technik, Organisationskultur, Bürogestaltung u.a.) betrifft und daher jeweils starke Auswirkungen auf unterschiedliche Organisationsbereich hat.
3. Welche Aufgaben ein Chief Hybrid Officer hat
Der Chief Hybrid Officer ist grundsätzlich für alle Aspekte rund um das flexible Arbeiten zwischen Büro und Homeoffice in der betreffenden Organisation verantwortlich. Das bedeutet, dass sie/er dafür sorgt, dass die hybrid arbeitenden Mitarbeiter:innen möglichst durchweg positive Erfahrungen machen, die einen nahtlosen Übergang zwischen Heim- und Büroarbeitstagen ermöglichen.
Der CHO sollte zudem eine mehrjährige Strategie für das hybride Arbeiten, oft mit (vierteljährlichen) klar definierten Meilensteinen, erarbeiten.
Da es sich um eine funktionsübergreifende Rolle handelt, ist es für den Chief Hybrid Officer zudem unerlässlich, mit anderen Abteilungen wie der Personal- und Finanzabteilung zusammenzuarbeiten, z. B. in folgenden Bereichen:
Entlohnung
Die/der Chief Hybrid Officer kann dabei helfen, einen fairen Rahmen für Gehälter, Vergünstigungen und Zusatzleistungen für hybrid und nicht-hybrid arbeitende Mitarbeiter:innen festzulegen und zu kommunizieren. Das ist insbesondere dann wichtig, wenn in der betreffenden Organisation ein großer Anteil der Mitarbeiter:innen nicht hybrid oder mobil arbeiten kann, z.B. weil sie in der Produktion arbeiten oder anderweitig an eine Arbeit vor Ort im Büro gebunden sind.
Organisationskultur
Mitarbeiter:innen können schnell ihr Engagement verlieren, wenn sie sich als Außenseiter:in fühlen. Die Schaffung einer hybriden Organisationskultur, die gleiche Bedingungen für alle schafft, in der sich jede/r einbezogen fühlt und die gleichen Chancen hat, sich zu entfalten, ist eine der obersten Prioritäten den CHO.
Technologie
Nur mit den passenden digitalen Tools gelingt hybrides Arbeiten effektiv und gleichzeitig entspannt. Aber nicht jeder bzw. jede Mitarbeiter:in ist von Natur aus Technik-affin. Deshalb sollte der CHO dafür sorgen, dass einerseits nur solche Tools angeschafft werden, die wirklich notwendig sind und nachhaltig genutzt werden sowie andererseits, dass alle Mitarbeiter:innen die Unterstützung erhalten, die sie brauchen, um die Tools selbst umfassend nutzen zu können.
Information
Der Einsatz vieler verschiedener Tools und digitaler Kommunikationswege bringt häufig eine hohe Intensität an Kommunikation und Informationen mit sich. Die/der CHO sollte daher auch auf Anzeichen von Informationsüberlastung achten und mit Manager:innen und der IT-Abteilung zusammenarbeiten, um die Mitarbeiter:innen mit der richtigen Menge an Informationen zu versorgen und zu viel Kommunikation außerhalb der Geschäftszeiten zu verhindern.
Onboarding und Schulung
Die/der CHO sollte helfen, fundierte und erprobte Good Practices zu implementieren, damit Homeoffice- und Hybrid-Mitarbeiter:innen vom ersten Tag an die erforderlichen Tools und Anleitungen erhalten. Außerdem unterstützt sie/er dabei, Manager:innen in bewährten Praktiken für die Integration von hybrid arbeitenden Mitarbeiter:innen zu schulen und arbeitet dabei mit den Bereichen Lernen und Entwicklung zusammen. Diesbezüglich ist wiederum sicherzustellen, dass alle Mitarbeiter:innen unabhängig von ihrem Standort die gleichen Schulungen erhalten.
Cybersicherheit
Mobiles Arbeiten ist anfällig für Cyberangriffe mit potenziell verheerenden Folgen. Chief Hybrid Officers sollten daher eine Sicherheitskultur fördern, in der bewährte Verfahren zur Passwortverwaltung, Verschlüsselung und Verwendung von VPNs für alle Mitarbeiter:innen selbstverständlich sind, z.B. über regelmäßige Schulungen.
Talentakquise
Ein CHO kann schließlich auch stark in den Rekrutierungsprozess involviert sein, einschließlich der Feinabstimmung von Stellenbeschreibungen, um hybrid einzustellenden Mitarbeiter:innen passend anzusprechen und die Beschaffungskanäle auf die Verfügbarkeit von Hybrid-Kandidat:innen zu prüfen. Auf einer strategischeren Ebene helfen sie zudem bei der Talentakquise, indem sie eine Arbeitgebermarke aufbauen, die zeigt, dass hybride Mitarbieter:innen im Unternehmen willkommen sind und umfassend unterstützt werden.
Die vorgenannten Aufgaben sind natürlich nicht abschließend. Vielmehr muss jede Organisation genau für sich überlegen, welche Aufgaben der Chief Hybrid Officer konkret erfüllen sollte und diese ggf. im Zeitverlauf auch anpassen.
Ein wichtiger Aspekt ist zudem noch das Reporting: Für die Stelle des CHO muss unbedingt klar definiert werden, an wen die Berichterstattung erfolgen soll. Denkbar ist dabei eine Verankerung sowohl außerhalb als auch innerhalb der Personalabteilung.
Wichtig ist zudem, den Zuständigkeitsbereich des CHO gut von anderen Positionen abzugrenzen, so dass möglichst keine Dopplungen oder Überschneidungen entstehen, die wiederum zu Zuständigkeitskonflikten führen könnten.
4. Welche Kompetenzen ein Chief Hybrid Officer mitbringen sollte
Die genaue Stellenbeschreibung des Chief Hybrid Officers wird sicherlich von Branche zu Branche und von Organisation zu Organisation unterschiedlich sein.
Der Kompetenzrahmen, der von Akteur:innen in dieser Position zu erwarten ist, dürfte aber immer ähnlich sein.
Grundsätzlich sollte der Chief Hybrid Officer folgendes Kompetenz-Portfolio mitbringen:
Digitale Kompetenz
- einen starken technischen Sachverstand sowie eine Kenntnis der digitalen Tool-Landschaft, um die Mitarbeiter:innen bei der Wahl der geeigneten Software bzw. Hardware kompetent zu beraten und mögliche Lösungen für geäußerte Bedarfe richtig einschätzen zu können,
- eine vorausgehende Digitalisierungserfahrung, um die Herausforderungen bei der Integration des bisherigen und des angedachten digitalen Systems sicher abschätzen zu können,
- einen glaubhaft eigenen digitalen Lifestyle, um als Treiber:in der Transformation authentisch den Wandel zu vertreten.
Führungs-, und Strategiekompetenz
- starke Führungsqualitäten, denn ein/e CHO ist nicht nur eine leitende Position, sondern eine NEUE leitende Position, die viel Selbstvertrauen erfordert, um sich erfolgreich für politische Maßnahmen einzusetzen, die bisher noch nie Priorität hatten,
- ausgeprägte Erfahrung in der Leitung von Remote- oder hybriden Teams, um so auf einen breiten praktischen Erfahrungsschatz zurückgreifen zu können,
- eine hohe strategische Kompetenz, um basierend auf einer initialen Analyse eine in der Praxis funktionierende Transformationsstrategie hin zu einer hybrid arbeitenden Organisation zu erarbeiten,
- umfassende Erfahrung im Netzwerken innerhalb und außerhalb der Organisation, da die hybride Transformation viele Schnittstellen zu anderen Bereichen hat,
- idealerweise Erfahrung mit Innovationsprozessen und der Entwicklung von Prototypen für neue Ideen.
Transformations- und HR-Kompetenz
- eine hohe soziale Kompetenz, um den schwierigen Transformationsprozess möglichst friktionsfrei zu gestalten,
- ein starkes Verständnis für organisationskulturelle Zusammenhänge sowie deren aktiver Beeinflussung durch passende Veränderungsschritte,
- ein gutes Verständnis für die unterschiedlichen Organisationsbereiche, um mit jedem einzelnen Bereich gemeinsam zu definieren, in wie weit dieser durch hybrides Arbeiten beeinflusst wird,
- Erfahrung im Führen von Verhandlungen mit Mitbestimmungsgremien, um funktionierende Betriebsvereinbarungen zum hybriden Arbeiten abzuschließen, die sowohl den Bedarfen der Mitarbeiter:innen, der Teams als auch der Organisation entsprechen.
Organisatorische Kompetenz
- Erfahrung im Informations- & Dokumenten-Management, um die anzupassenden hybriden Prozesse auch adäquat in der Praxis abbilden zu können,
- hohe digitale Projektmanagement-Skills, um die Komplexität des Vorhabens in der Organisation angemessen hybrid verankern zu können,
- Erfahrung im Gebäude- und Flächenmanagement, um die Anpassung der hybriden Büro- und Arbeitsplatzgestaltung angemessen bewerten und begleiten zu können.
Wie die vorstehende Liste zeigt, wirkt sich das flexible Arbeiten zwischen Büro und Homeoffice auf viele Aspekte in einer Organisation aus. Entsprechend sollte ein Chief Hybrid Officer wahrscheinlich eher ein/e Generalist:in als eine Spezialist:in sein. Schließlich muss sie/er sämtliche Fäden der organisatorischen Transformation fest in der Hand halten und die hybride Transformation zusammen mit den einzelnen Fachabteilungen zügig und stringent gestalten.
Andererseits gilt auch: Da es sich bei dem/die CHO um eine neue Funktion mit einer anpassungsfähigen Stellenbeschreibung handelt, sollten entsprechende Personen keine Angst haben, Risiken ein- und ihren eigenen Weg zu gehen. Denn für vieles beim hybriden Arbeiten gibt es auch hier noch keine etablierten Good Practices, so dass Versuch-und-Irrtum ein durchaus probates Mittel ist.
Die Aufgabe des Chief Hybrid Officer ist es also vor allem, den organisatorischen Übergang zu einer hybriden Arbeitswelt strategisch und nachhaltig zu gestalten – verbunden mit der Herausforderung, die bestehende Organisationskultur zu erhalten und neue Talente einzubinden. Je größer und globaler die Organisation ist, desto größer dürften die Herausforderungen an den CHO sein.
5. Welche Beispiele für CHOs es in der Praxis bereits gibt
Was vorstehend theoretisch beschrieben wurde, haben einige Organisationen bereits in die Praxis umgesetzt.
Folgend wollen wir einige ausgewählte Beispiele hierfür nennen:
- Microsoft hat einen Chief Hybrid Officer eingesetzt.
- Das Softwareunternehmen GitLab Inc. hat einen Head of Remote.
- Der Anbieter von Softwarelösungen Atlassian hat jetzt eine VP „Team Anywhere“, die übrigens vorher bei Facebook als Director Remote Work gearbeitet hat.
- Das Cloud-Lösungsunternehmen Okta hat einen „Head of Dynamic Work„.
- Der Immobilien-Marktplatz Zillow hat einen „Vice president of flexible work„
Abschließend möchten wir Ihnen gern noch einige Fragen zur Konkretisierung dieser Fragestellung für Ihre eigene Organisation mitgeben:
- Glauben Sie, dass das Einsetzen einer/s Chief Hybrid Officer für Ihre Organisation sinnvoll wäre? Wenn ja, warum? Und wenn nicht, warum nicht?
- Wo sollte diese Position in Ihrer Organisationsstruktur angesiedelt sein?
- Was wären die zentralen Herausforderungen, die vom Aufgabenportfolio abgedeckt sein müssten?
- Zu welchen anderen Positionen gäbe es Schnittstellen und wie ließen sich mögliche Kompetenzüberschneidungen vermeiden?
Wenn Sie weiterführende Informationen wünschen oder Fragen zum Thema haben, vereinbaren Sie einen Termin zu einem virtuellen Kaffee, bei dem wir Ihnen gern mehr zum Thema erzählen.